Im Rahmen unseres Jubiläumsjahres „50 Jahre Goerdeler-Gymnasium“ und mit der Unterstützung des Bildungs- und Integrationszentrums Paderborn las der Schriftsteller Jan Himmelfarb vor den Herbstferien in der Aula  aus seinem Roman „Sterndeutung“. Die Oberstufe des Gymnasiums hatte die Möglichkeit in einer Lesung von etwa eineinhalb Stunden mehr über den jüdischen Protagonisten Artur Segal, welcher 1941 geboren wurde, und seine Verbindung mit dem Autoren zu erfahren.

Der Roman erzählt von dem Schicksal einer jüdischen Familie aus Charkow, die den Holocaust überlebte und in den 90er Jahren nach Deutschland einwanderte. Jan Himmelfarb las zwei seiner Kapitel vor, welche die Geburtsszene des jüdischen Protagonisten Artur Segals und die erste Verabredung mit seiner zukünftigen Frau, darstellten. Die Geburtsszene findet in einem Zug statt, in den seine Mutter und Großmutter im vierten Kriegsmonat gestiegen waren, um aus Stalingrad zu fliehen. Aufgrund der Angst vor einem Angriff war nachts in den Zügen kein Licht erlaubt und die Mutter Arturs musste ihr Kind im Dunkeln zur Welt bringen. Der ganze Roman spielt in drei Zeitebenen, der Geburt, der Nacht vor seinem 51. Geburtstag und dem Zeitraum zwischen diesen beiden Ereignissen, in welchem er zum Beispiel seine Frau kennenlernt. Es entsteht eine zwischen den Zeiten hin und her wandernde Erzählung von Vergangenheit und Gegenwart, eine Familien- und Generationengeschichte – lebendig, komisch und hart.

 

 

 

 

 

 

von links nach rechts: B. Dietrich (Fachschaft Deutsch), M. Westermeier (Integrations- und Bildungszentrum), Autor Jan Himmelfarb,
K. Grabenstroer (stellv. Bürgermeister Paderborn), M. Basske (Schülerbücherei), nicht im Bild: Organisatorin M. Ziemer (Oberstufenkoordinatorin)

Nach der Lesung stand Jan Himmelfarb zum Gespräch zur Verfügung. Jan Himmelfarb selbst ist 1985 in Charkow/Ukraine geboren und zog im Alter von sieben Jahren nach Deutschland. Bei dem Gespräch zwischen Autor und Schülerschaft  war u.a. die Frage, wie Jan Himmelfarb auf den Titel des Buches, also „Sterndeutung“, gekommen sei von Interesse. Durch die Antwort stellte sich eine Verknüpfung von Autobiografie und Geschichte heraus: Jan Himmelfarb ist selbst Jude ist und setzt sich in seinem Roman mit „seiner“ Geschichte auseinander. So hat der Protagonist kurz nach seiner Geburt einen Zug gesehen, in dem sehr viele Menschen waren, die alle einen sechseckigen Stern trugen und  geht der Bedeutung dieser Sterne, der Davidsterne, nach. Spannend und neu für die Schülerinnen und Schüler war, dass Himmelfarb in diesem Zusammenhang bei dem Judentum auch nicht von einer Religion sprach, sondern eher von einer Nationalität. Er erklärte, dass damals, in den Pässen der  Sowjetunion stand, jemand sei von der Nationalität ein Russe oder ein Jude. Dieser Umgang mit Begrifflichkeiten und die Auseinandersetzung mit Geschichte war auch später im Geschichts-LK der Q2 Thema.

Natürlich stieß die Lesung auf unterschiedliches Interesse seitens der Schülerschaft, aber insgesamt war es eine positive Erfahrung, neben den sonstigen Medien einen jungen Autor einmal live zu erleben.

 

Text: Mattea Jolmes / M. Ziemer
Fotos: B. Dietrich