„Ich will als Mensch gesehen werden – nicht als Flüchtling“
Goerdeler-Schüler:innen diskutieren über Demokratie, Flucht und gelingende Integration
„GRENZGESCHICHTEN – Persönliche Berichte der Flucht“ heißt das Projekt, mit dem Jannes Umlauf und Dina Bustami vom Verein für Jugend- und Erwachsenenbildung „die Multivision“ am Donnerstag, den 30. September in unserer Aula zu Gast waren. Die Fachschaft Sozialwissenschaften hatte zusammen mit Oberstufenkoordinatorin Manuela Ziemer die Veranstaltung initiiert. Laut Schirmherrin Dr. Gesine Schwan ist es Ziel des Projektes, mit Schüler:innen über die Grundlagen unseres Demokratieverständnisses zu sprechen, verschiedene Blickwinkel aufzugreifen und über die Entstehungshintergründe des Grundgesetzes zu informieren.
Dieses Ziel wurde mit 150 Schüler:innen aus unserer Oberstufe sowie verschiedenen Gästen eindrucksvoll umgesetzt.
„1988 besuchte ich 10 Tage in Kassel meine Familie, ich sah bunte Häuser, habe Freiheit gesehen, zurück in Ostdeutschland spürte ich meine Fesseln“, so Heike Schmidt-Schultheis, die als Zeitzeugin zum ersten Mal in der Öffentlichkeit ihre persönliche Fluchtgeschichte aus der DDR schilderte. Sichtlich bewegt sprach sie vor unseren Oberstufenschüler:innen von drei gescheiterten Fluchtversuchen mit ihrem Mann und den beiden kleinen Kindern, bevor sie über Ungarn am 12. September 1989 in die BRD gelangte, dabei nur 2 Koffer. Immer wieder zeigte sie Parallelen zu heutigen Flüchtlingen und historische Flüchtlingsschicksale auf: das Leben in Lagern, Angst, Hoffnung.
Die Schüler:nnen setzten sich zu Beginn dieses Projekttages in Form von Filmsequenzen und interaktiven Arbeitsphasen mit Themen wie „..wir schaffen das…“- Flüchtlingsproblematik 2015“, „Flucht, Vertreibung und Asyl im deutschen Kontext“ sowie der Bedeutung des Grundgesetzes auseinander, sodass sie sowohl in den der ersten Phase folgenden Zeitzeug:inn:eninterviews als auch der abschließenden Podiumsdiskussion interessiert und aktiv folgen konnten.
An dieser nahmen neben der Zeitzeugin Heike Schmidt-Schultheis auch die 24jährige Hala Alhamdan, die 2015 aus Syrien flüchtete, Laura Pützfeld von der Stadt Paderborn (Koordinierungsstelle Flüchtlingsangelegenheiten / Ehrenamtskoordination) sowie Martin Strätling vom Caritasverband (Leitung Fachdienst für Integration und Migration – MiCado) teil.
Eindrücklich beschrieb Hala Alhamdan ihr Ankommen in Paderborn, die erfahrene Unterstützung durch eine ehrenamtliche arbeitende junge Frau und die Dankbarkeit, nun hier studieren zu dürfen. Das beeindruckte so, dass sich eine Schülerin spontan meldete, um zu wissen, ab welchem Alter man hier ehrenamtlich tätig sein dürfe („Geht das schon mit 16?“).
Rasch ging es um das Thema „Willkommenskultur“ in Deutschland und wie perspektivisch Integration gelingen kann. Denn, so Martin Strätling: „Jeder Mensch hat ein Recht auf Würde, ein Recht nach Glück zu streben, niemand verlässt seine Heimat ohne Not. Die Flucht verändert das Leben.“
Der Projekttag endetet mit großem Applaus für die Teilnehmer:innen der Podiumdiskussion und die Moderator:innen. Sicherlich ging keiner der teilnehmenden Schüler:innen unbeeindruckt aus dem Projekttag heraus, blieb keiner unberührt von den dargestellten Fluchten und persönlichen Erfahrungen.
Text: M. Ziemer
Fotos: T. Schultz / M. Ziemer