Lehrer und Schüler strömen wie jeden Morgen von montags bis freitags in Scharen zur Schule – sowohl mit Bus, Fahrrad und PKW als auch zu Fuß. Nach dem zweiten Klingeln um 7.50 Uhr ist der Schulhof menschenleer, und in dem riesig großen Schulgebäude wird unterrichtet. Sprachen, Naturwissenschaften und andere Fächer werden in den Klassen- und Fachräumen mit den dazugehörigen Unterrichtsmaterialien gelehrt.

So sieht der Schulalltag heute aus, doch wie hat alles angefangen?

Neugründung

Warum entstand neben den Gymnasien „Pelizaeus“, „Reismann,“ „Theodorianum“ und „St. Michael“ noch ein Gymnasium in Paderborn?

In der BRD wurde in den 60er Jahren für Bildung geworben: zu wenig Jugendliche besuchten damals weiterführende Schulen. In weiten Schichten des Bürgertums und der Arbeiterschaft, vor allem auf dem flachen Land in den Dörfern, ruhte noch großes Bildungspotenzial, das geweckt und gefördert werden sollte. Die Werbung war auch in Paderborn erfolgreich. Mädchen und Jungen strömten zu den Gymnasien, die bald überfüllt waren. Nur eine neue Schule konnte die alten entlasten.

Neubau

Die Stadt Paderborn beschloss im März 1966, neben dem Reismann-Gymnasium an der Goerdelerstraße noch ein zweites städtisches Gymnasium zu bauen.

Der Westen Paderborns war bis dahin noch unterversorgt und außerdem musste genügend Freifläche gefunden werden. Da die Goerdelerstraße diesen Platz bot, konnten im Laufe der Jahre alle Gebäude und Sportanlagen gebaut werden. Das „Goerdeler“ wurde das erste koedukativ geführte Gymnasium in Paderborn. Zum einen sollte es die beiden Mädchen- und Jungenschulen entlasten, zum anderen lag man damit im Trend der Zeit: fast alle Schulen stellten auf Koedukation um.

Der Start – 7. September 1967

Der erste Schultag war am 7. September 1967 und der Unterricht wurde mit zwei „Fünferklassen“ aufgenommen. Da der vorgesehene Neubau zu diesem Zeitpunkt sich gerade in der ersten Ausbauphase befand, bezog das Gymnasium zuerst ein Provisorium (Pavillon-Bauten) an der Erzbergerstraße neben der „St. Georg-Volksschule“.

Aller Anfang ist schwer

Der Rat der Stadt Paderborn hatte am 15. Juni 1967 den neuen Schulleiter Herrn Alfons Kohstall gewählt, der dann mit den konkreten Vorbereitungen für den Neuanfang beginnen konnte. Die notwendigen Unterrichtsmaterialien wurden rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Schwieriger war es jedoch, die erforderlichen Lehrer für alle Fächer zu bekommen, denn damals herrschte ein großer Lehrermangel, weil nicht genügend Lehrer von Hochschulen oder Universitäten kamen. So kämpfte jede Schule um ihre Lehrer, und dem Goerdeler gelang es schließlich, eine komplette „Mannschaft“ bis zum Tag X zusammen zu bekommen.

Ein anderes Problem ergab sich, weil der Neubau nicht pünktlich fertiggestellt werden konnte. Am 10.6.1969 wurde mit dem Bau der Schule begonnen, der Rohbau sollte bis Jahresende 1969 fertig sein, die Schule im September 1970. Aber ein früher und langer Winter sowie Stahlmangel brachten die entscheidenden Verzögerungen. Das Westfalenblatt veröffentlichte am 21.10. 1970 einen Artikel mit der Überschrift „Protest gegen ‚ewige Baustelle’ – Eltern wollen demonstrieren, wenn Gymnasium-Neubau-Fertigstellung bis 16.8. 1971 nicht garantiert wird“. Im Nachhinein erschien es allen fast wie ein Wunder, dass der Neubau tatsächlich zu diesem Datum bezogen werden konnte.

Die endgültige Bleibe – Goerdelerstraße

Im Schuljahr 1971/72 war das Gymnasium zwar auf 4-Zügigkeit angelegt, konnte aber trotzdem die 203 Neuanmeldungen nicht verkraften und musste einige ablehnen. Man empfahl den Eltern, die in den östlich gelegenen Gemeinden wohnten, andere Paderborner Gymnasien auszusuchen. Das löste aber schwere Proteste aus. Schließlich gelang es dann aber doch, nur vier, allerdings sehr volle Klassen (40+10%) zu bilden.

Der Neubau wurde bezugsfertig, man konnte aber noch nicht alle Fachräume zu Verfügung stellen. Inzwischen war es gelungen, die Verkehrsanbindungen zum „Gymnasium auf der grünen Wiese“ einigermaßen ausreichend zu regeln. Die Dreifach-Sporthalle, wie sie damals keine Schule in Paderborn und auch in der weiteren Umgebung aufweisen konnte, war ein besonderes Markenzeichen. Paderborner Sportvereine begrüßten ebenfalls ihre Fertigstellung, um sie am Nachmittag und Abend zu nutzen.

 

Tobias Lüthen
(basierend auf einem Interview mit Herrn Kohstall, dem ersten Schulleiter des Goerdeler-Gymnasiums)