In den Räumen des VerbundVolksbank OWL findet bis in den Oktober hinein eine bemerkenswerte Ausstellung zur jüdischen Geschichte Paderborns statt, die von der Kunsthistorikerin Heike Sondermann geleitet wird. Die Veranstaltung steht im Zeichen der christlich-jüdischen Zusammenarbeit und beleuchtet die Geschichte des „Hauses Grünebaum“ – einem ehemaligen jüdischen Kaufhaus und seine Bedeutung für Paderborn und die umliegende Region.
Frau Sondermann eröffnete die Ausstellung mit einer herzlichen Begrüßung und gab den Teilnehmern des Leistungskurses Geschichte einen Überblick über die Thematik des Kaufhauskultur und der „Arisierung“ während der Nationalsozialistischen Diktatur.
Im Fokus standen das „Haus Grünebaum“ und die jüdische Geschichte Paderborns, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung der Kaufhäuser. Die Ausstellung ist in verschiedene Themenbereiche gegliedert, die durch Informationssäulen visuell und informativ veranschaulicht werden.
In kleinen Expertengruppen eingeteilt arbeiteten die Schüler:innen an den Info-Säulen, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Geschichte beleuchteten und stellten anschließend ihre Ergebnisse im Plenum des LK vor:
Die erste Säule widmete sich der Vorgeschichte und Errichtung des Hauses Grünebaum. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei den architektonischen Merkmalen, wie den großen Fenstern, die der renommierte Architekt Otto Engler entworfen hatte. Engler galt als Meister der Kaufhausarchitektur und prägte mit seinen innovativen Entwürfen das stattliche Stadtbild der Innenstadt Paderborns: Marktkirche – Kaufhaus Grünebaum – Rathaus.
Die Ausstellung führte weiter in die Blütezeit des Kaufhauses, als es in der Kaiserzeit und den goldenen Zwanziger Jahren zu einem der erfolgreichsten Geschäfte der Region aufstieg.
Frau Sondermann zeigte anhand historischer Dokumente die beeindruckende Vielfalt der angebotenen Waren und das moderne Konzept des Kaufhauses, das für das damals provinziell geprägte Paderborn eine wahre Revolution darstellte.
An den nächsten Säulen wurden die Auswirkungen der Machtergreifung Hitlers 1933 auf das „Haus Grünebaum“ dargestellt. Das Kaufhaus musste in der Folge für einen Bruchteil seines Wertes an „arische“ Käufer zwangsverkauft werden. Die „Arisierungen“ sollten zum einen den existenziellen Druck auf die jüdische Bevölkerung erhöhen als auch gleichzeitig auf ihren Besitz – ohne Aussicht auf Entschädigung bei der forcierten Enteignung. Trotz dieser dramatischen Entwicklungen gelang der Familie Grünebaum die erzwungene Flucht ins Exil in die USA, wo das Leben jedoch von großen Anpassungsschwierigkeiten geprägt war.
Nach vollzogener „Arisierung“ (= Enteignung) übernahm am 29. September 1936 Jacob Pötz das Kaufhaus. Durch die Folgen der Kriegswirtschaft blieb jedoch der Erfolg ab 1941 aus.
Während das Kaufhaus in Paderborn den Krieg weitgehend unbeschadet überstand, ging es nach dem Zweiten Weltkrieg in wechselnder Nutzung über; zuerst als Wärmehalle für Bedürftige in den Monaten nach der Zerstörung Paderborns im April 1945 und wurde anschließend sowohl von kirchlichen als auch städtischen Trägern genutzt, bis die VerbundVolksbank OWL und das Bar Celona das Gebäude übernahmen. Nie jedoch erhielt die Familie Grünebaum ihr ehemaliges Hab und Gut wieder.
Als Symbol und Zeichen der Aufarbeitung und „Wiedergutmachung“ wurde eine bronzene Gedenktafel am heutigen Szenelokal Bar Celona angebracht.
Das Beispiel „Haus Grünebaum“ zeigt die nur halbherzige Aufarbeitung der lokalen Geschichte und die längst überfällige Verantwortung für die Ungerechtigkeiten in der Zeit der Nationalsozialistischen Diktatur. Eine angemessene Würdigung ihrer Leistungen seitens der Stadt Paderborn und eine finanzielle Entschädigung blieben aus. Es dauerte noch Jahrzehnte bis die Familie Grünebaum diese verdiente Würdigung erhielt. Die Nachkommen wurden im Sommer 2024 aus den USA und Israel zu einem Festakt eingeladen. Diese Ausstellung wurde seitens der Volksbank Paderborn federführend in Auftrag gegeben und widmet sich mit großem Respekt dieser für Paderborn so bedeutenden Familie
Am Ende der aufschlussreichen Exkursion bedankten sich die Teilnehmer bei Frau Sondermann für ihre engagierte und fachkundige Führung, die das jüdische Erbe Paderborns in einem neuen Licht erscheinen ließ und zu weiteren Recherchen inspirierte.
Für die Leistungskurslehrerin Frau Lambrechts bietet die Einbindung der Lokalgeschichte um das Kaufhaus Grünebaum eine Möglichkeit, um Geschichte greifbarer zu machen. Sie erinnert daran, dass die großen historischen Verbrechen auch in den „kleinen Geschichten“ vor Ort ihre Wurzeln und Auswirkungen haben.
Die Aufarbeitung der Arisierung und der erzwungenen Flucht jüdischer Familien wie die der Grünebaums trägt zur Stärkung der aktiven Erinnerungskultur in der eigenen Stadt bei. Im Geschichtsunterricht ist es wichtig – als ein Baustein zur Demokratieerziehung – für die Bedeutung von Gedenken und Verantwortung zu sensibilisieren.
Text: LK Geschichte Q2 / G. Lambrechts
Fotos: G. Lambrechts